Erkrankungen der Nebennieren
Die Einteilung der Nebennierenerkrankungen folgt dem Aufbau der Nebenniere, die aus Nebennierenrinde und Nebennierenmark besteht.
Erkrankungen der Nebennierenrinde
Chronische primäre Nebennierenrinden-Insuffizienz (Morbus Addison)
Die Unterfunktion der Nebennnierenrinde führt zu einem Mangel der in der Nebennierenrinde produzierten Hormone, darunter Aldosteron und lebensnotwendiges körpereigenes Cortisol. Als Ursachen kommen autoimmunologische Prozesse (Bildung von Schlüsselmolekülen, die gegen den eigenen Körper gerichtet sind), Tuberkulose, Sarkoidose, Absiedlung bösartiger Tumoren, Virusinfektionen und erbliche/genetische Störungen in Frage.
Mögliche Beschwerden sind chronische Schwäche, leichte Ermüdbarkeit, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Bauchbeschwerden, zunehmende Hautfärbung und niedriger Blutdruck.
Akute Nebennierenrindeninsuffizienz
Die akute Nebennierenrindeninsuffizienz ist die schnelle und akut lebensbedrohlich verlaufende Form des Morbus Addison. Ursächlich können Nebennierenblutungen, Thrombose (Blutgerinnsel) der die Nebenniere versorgenden Gefäße, bakterielle Blutvergiftung, akutes Absetzen von Cortisonpräparaten sowie ein chronisch unbehandelter Morbus Addison sein.
Die Patienten leiden unter Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen, schlechtem Allgemeinzustand, kolikartigen Bauchschmerzen und niedrigem Blutdruck bis zum Schock.
Hypercortisolismus (Cushing-Syndrom)
Als Cushing-Syndrom werden die Überproduktion von körpereigenem Cortisol in der Nebennierenrinde und die damit verbundenen klinischen Zeichen bezeichnet. Man unterscheidet das Cushing-Syndrom als Erkrankung der Nebenniere selbst vom Morbus Cushing, dem eine Überproduktion des stimulierenden Hormons ACTH aus der Hirnanhangsdrüse zugrunde liegt. In seltenen Fällen kann der Cortisol-Überschuß auch durch andere Tumoren (z.B. aus Lunge oder Bauchspeicheldrüse) verursacht werden (ektopes ACTH-Syndrom).
Der Cortisol-Überschuß führt zu Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes mit stammbetonter Fettumverteilung, Gesichtsschwellung, Büffelnacken, Vollmondgesicht, dünner Haut, Neigung zu Blutergüssen, rötlicher Streifenbildung an Bauch, Hüften und Oberarmen, unreine Haut (Aknebildung), vermehrter Körperbehaarung nach männlichem Typ (Hirsutismus) sowie zu Muskelschwäche, Knochendichteminderung (Osteoporose), Depressionen, hohem Blutdruck (Hypertonie) und zur Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).
Primärer Hyperaldosteronismus (Morbus Conn)
Der primäre Hyperaldosteronismus ist gekennzeichnet durch hohen Blutdruck (Hypertonie) und Blutsalzveränderungen, insbesondere zu niedriges Kalium im Blut (Hypokaliämie). Weiterhin kann es bei dieser Erkrankung, der eine Überproduktion des Hormons Aldosteron in der Nebennierenrinde zugrunde liegt, zu Muskelschwäche und -krämpfen, gesteigertem Durst, Lähmungen und Herzrhythmusstörungen kommen. Lässt sich ein kleines Nebennierenadenom als Ursache der Erkrankung nachweisen (bspw. mittels Endosonographie), kann eine Operation in „Schlüssellochtechnik“ (laparoskopisch minimal invasiv) zur Heilung führen.
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Das Adrenogenitale Syndrom ist ein Sammelbegriff für eine Reihe angeborener Störungen der Cortisol-Herstellung in der Nebennierenrinde. Diese treten meist im Kindesalter auf, können aber auch erst im Erwachsenenalter manifest werden (late-onset-AGS). Symptome sind unter anderen die Virilisierung (Vermännlichung und Angleichung an den männlichen Körperbau bei Frauen) sowie ein Salzverlustsyndrom, das zu Trinkschwäche, Interessenlosigkeit, Erbrechen, Austrocknung und Blutsalzverschiebungen (Hyponatriämie, Hyperkaliämie, metabolische Azidose) führt.
Nebennierenrindenadenom
Das Nebennierenadenom ist der häufigste gutartige Nebennierenrindentumor. Nebennierentumoren können generell entweder Hormone produzieren (hormonell aktiv) oder inaktiv sein. Bekannt sind Nebennierenadenome, die Aldosteron (Conn-Syndrom), Androgene (männliche Geschlechtshormone), Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) oder Cortisol produzieren. Endokrin aktive Adenome verursachen ein Cushing-Syndrom (s.o.), ein Conn-Syndrom (s.o.), Androgenisierungserscheinungen bei der Frau mit vermehrter männlicher Körperbehaarung (Hirsutismus), Akne, Stimmveränderung, Vermännlichung des Genitale oder aber beim Mann Brustentwicklung (Gynäkomastie) zusammen mit Rückbildung (Atrophie) der Hoden, Abnahme der sexuellen Lust (Libido) und Stimmveränderungen. Eine Cortisolüberproduktion kann auch grenzwertig sein und ist dann klinisch zunächst nicht auffällig ("subklinisches" Cushing-Syndrom).
Nebennierenrindenkarzinom
Das Nebennierenrindenkarzinom ist ein bösartiger Tumor der Nebennierenrinde, der in manchen Fällen Nebennierenrindenhormone wie Cortisol oder Mineralokortikoide (z.B. Aldosteron) bilden kann.
Auffällig wird das Nebennierenrindenkarzinom häufig neben den hormontypischen Veränderungen bei hormonaktiven Tumoren (Cushing-Syndrom, Morbus Conn, s.o.) durch klinische Zeichen, die durch Raumverdrängung des Tumors verursacht werden: aufgetriebener Bauch, Druckgefühl, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme.
Erkrankung des Nebennierenmarks
Phäochromozytom
Das Phäochromozytom ist ein Tumor, der von speziellen Zellen (chromaffinen Zellen) ausgeht, die sich im Nebennierenmark (90% aller Phäochromozytome) und in bestimmten Nervenleitbahnen, den Grenzsträngen, befinden. 10-15% der Phäochromozytome sind bösartig (maligne). Phäochromozytome bilden im Überschuss die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin.
Dies erklärt die typischen klinischen Zeichen bei Vorliegen eines Phäochromozytoms: anfallsartige Hochdruckkrisen mit Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schwitzen, Blässe, Übelkeit oder auch Dauerbluthochdruck sowie Gewichtsabnahme und Herzrhythmusstörungen. Bei längerem, unbehandeltem Bestehen kann es zu Komplikationen wie Augenhintergrundveränderungen, Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Nierenunterfunktion kommen.